Meine Motivation
Verehrte Angehörige,
eine Trauerfeier ist eine doppelte Wegmarke: In ihr hallt das Leben des verstorbenen Menschen nach und mit ihr beginnt für die Hinterbliebenen die Zeit des Abschieds. Beiden Aspekten möchte ich als Trauerredner gerecht werden.
In meiner Trauerrede würdige ich den verstorbenen Menschen in seiner Einzigartigkeit, beleuchte, was er geliebt hat, seine Höhen und seine Tiefen, sowie das, was in seinem Leben offen geblieben ist.
Passagen aus der Literatur eröffnen einen weiteren Horizont, in welchem das erloschene Leben einen Sinn und die Trauernden vielleicht ein wenig Trost finden. Die ausgewählte Musik schließlich umrahmt das gesprochene Wort und soll dabei die Vorlieben des Verstorbenen zum Ausdruck bringen.
Für Sie, verehrte Angehörige, schaffe ich so einen Raum, in dem das Bild des Verstorbenen lebendig wird – ein Bild, das Ihren späteren Erinnerungen vorangeht und so zu einem gelingenden Abschied beitragen kann. Denn liebende Erinnerungen sind das Einzige, das die schmerzliche Trennung durch den Tod wenigstens teilweise aufzuheben vermag – oder wie es der Dichter Jean Paul ausdrückt: „Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus welchem wir nicht vertrieben werden können.“
Bei der Gestaltung der Trauerfeier richte ich mich nach der weltanschaulichen oder religiösen Ausrichtung des Verstorbenen. Für mich persönlich ist der Tod ein großes Rätsel und das, was danach kommen mag, ein ebenso großes Vielleicht.
Eines meiner Lieblingsgedichte über den Tod ist ein altes Haiku - ein buddhistischer Mönch, Kyoshu mit Namen, hat es in der Stunde seines Todes verfasst:
Eine Reise ohne Wiederkehr:
des Wanderers Rucksack
ist bodenlos.